„Die perfekte Symbiose“ – Das neue Bigband-Album von Lutz Krajenski und Juliano Rossi

Wer an Lutz Krajenski denkt, dem kommt unweigerlich Roger Cicero in den Sinn. Galt der 39-Jährige doch lange als rechte Hand des erfolgreichsten deutschen Big-Band-Sängers. Doch die Zeiten sind nun vorbei: Seit einigen Monaten gehen Cicero und Krajenski musikalische getrennte Wege und mit dem Album „Lutz Krajenski meets Juliano Rossi“ legt der Pianist und Arrangeur sein erstes unabhängiges Big-Band-Album vor, das mit Swing-Crooner Juliano Rossi am Mikrofon den anspruchsvollen und ganz eigenen Sound der Band manifestiert. Im Gespräch verrieten Lutz Krajenski und Oliver Perau (alias Juliano Rossi), was ihr neues Werk so besonders macht.

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JazzScene: Lutz, was für ein Gefühl ist es, das erste Big Band-Album unter eigenem Namen zu veröffentlichen?

Krajenski: Für mich hat es fast schon Symbolcharakter, dass die Lutz Krajenski Big Band ausgerechnet jetzt ihre erste Platte veröffentlicht. Im April bin ich bei Roger Cicero ausgestiegen. Das war die Jahre über ein Wahnsinns-Erfolg, doch irgendwann bin ich aufgewacht und dachte ‚ich müsste mal wieder etwas Neues schaffen‘. Ich wusste, wenn ich eine Tür zumache, dann öffnen sich auch wieder neue. Ich kann mich nun umfassender um meine Bands kümmern und arbeite intensiv an einigen neuen Projekten. Die Leute sollen wissen, dass ich für viele Besetzungen arrangiere, nicht nur für die Big Band. Beispielsweise erscheint ebenfalls im September ein Jazz-Album von Jasmin Tabatabei, das ich komplett für ein Streichorchester arrangiert habe. Ich bin nun wieder komplett eigenverantwortlich und habe alle Möglichkeiten – und das ist ein wunderbares Gefühl. Ich freue mich sehr, dass auch unsere Big Band ihr Album jetzt veröffentlichen konnte. Es klingt fantastisch, es ist geile Musik, es sieht super aus, und es war einfach eine großartige Entscheidung! Außerdem passt Ollis Stimme natürlich wunderbar zur Musik, da kommt alles zusammen!

JazzScene: Olli, wie kam es überhaupt zu der Zusammenarbeit?

Perau: Zusammengearbeitet haben wir auch vorher bereits: Ohne Lutz Krajenski gäbe es Juliano Rossi gar nicht. 1996 haben wir unser erstes gemeinsames Konzert gegeben, heute spielen wir noch immer zusammen. Im Laufe der Zeit gab es auch einige erfolgreiche Shows mit der Big Band und mir. Ich habe mich aber stets zurückgehalten, da ich um Lutz‘ Verpflichtungen wusste. Dann äußerte Lutz gemeinsam mit der Big Band im vergangenen Frühjahr die Idee, ein gemeinsames Album zu produzieren. Darüber habe ich mich sehr gefreut, und ab dem Zeitpunkt fingen wir sofort zu planen an.

JazzScene: Du hast als Sänger bislang überwiegend mit kleineren Besetzungen gearbeitet. War die Arbeit mit der Big Band anders?

Perau: Ich hatte schon das Gefühl,, dass ich mich ein wenig mehr strecken musste als sonst, um nicht nur meinen Ansprüchen, sondern auch denen der elf anderen Musiker gerecht zu werden. Der Anspruch war hoch, das ist aber auch gut so. Auch wenn ich manchmal schon den Eindruck hatte, ich wäre ein wenig eher zufrieden gewesen! (lacht). Aber es hat sich gelohnt. Wenn ich die Platte jetzt höre, wird mein Herz ganz warm. Es hört sich genauso an wie die großen Vorbilder, die mich dazu veranlasst haben, so eine Musik zu machen.

JazzScene: Welche Bermerkung zum Album hat euch denn am meisten gefreut?

Krajenski: Wir haben vier Eigenkompositionen auf der Platte, die restlichen Songs sind (weniger bekannte) Klassiker. Doch es klingt alles wie aus einem Guss. Meine Freundin, die unsere Musik fast auswendig kennt, hat erst vor kurzem mitbekommen, dass der Titel „I want my money back“ von uns stammt. Sie glaubte lange Zeit, es sei einer der Klassiker. Den Leuten von der Plattenfirma ging es bei der Ballade „Oh fate“ genauso.

JazzScene: Wie sieht eure Zusammenarbeit eigentlich konkret aus?

Perau: Meistens denke ich mir ein Tempo, eine Stimmung und singe dann die Melodie in den Raum. Lutz hört zu, macht zwei, höchstens drei Musikvorschläge und fertig sind wir! Das ist eine perfekte Symbiose, die sich in den Jahren fast schon übersinnlich entwickelt hat.
Krajenski: Manchmal überrasche ich Olli aber auch mit etwas ganz Neuem oder lehne mich auch mal sehr weit aus dem Fenster. Trotzdem kommen wir immer sehr schnell auf einen Nenner und schaffen es, eine besondere Spannung zu erzeugen, die man auch in den neuen Songs hören kann.

JazzScene: Spürst Du eigentlich einen Erwartungsdruck wegen des großen Erfolgs mit Roger Cicero?

Krajenski: Nein, überhaupt nicht. Es ist wunderbar, dass wir bei der Plattenfirma die Chance bekommen haben, ein Big Band-Album zu veröffentlichen und zu schauen, was damit passiert.

Perau: Ich habe Lutz noch nie so enthusiastisch an etwas arbeiten sehen. Er hat es sehr genossen, den Weg von der ersten geschriebenen Note bis zum fertigen Track auf der CD alles in seiner Hand zu haben.

Krajenski: Natürlich haben die Leute mitbekommen, dass die Zeit mit Roger nun vorbei ist. Ich bin mir sicher, dass sie daher sehr genau hinhören werden, da sie wissen wollen, was die Lutz Krajenski Big Band für Musik macht. Ich bin unglaublich zufrieden mit der Platte – sie ist wirklich genau so , wie ich es mir vorgestellt habe. Ich kann sie jedem in die Hand drücken und sagen: Hier, das ist meine Big Band! Ich kann dieser Erwartungshaltung mit kompletter Zufriedenheit begegnen.

Interview: Karsten Wende, Inga Mathwig