Im Interview: Hellmut Hattler

Am 25.9.2004 gastiert der Bassvirtuose mit seiner Formation Hattler im Pavillon. Im Gepäck die neue CD „Bass Cuts“: Entspannt und dennoch spannend kommen die zehn Tracks des Albums daher. Selbstvewusst und lässig bewegt sich Hellmut Hattler im Terrain moderner Clubbeats und führt mit nahezu traumwandlerischer Sicherheit „handgemachte“ Musik mit elektronischen Soundtüfteleien zusammen.

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Jazz Over Hannover (JOH): Hellmut, mit „Bass Cuts” liegt der dritte Longplayer Deines Projektes „Hattler” vor. Wie schon der Vorgänger „Mallberry Moon” ist auch dieses Album auf eigenem Label erschienen.

Helmut Hattler (HH): Hattler existiert seit 2000, die erste CD „No Eats Yes” erschien noch bei der Major Company Virgin. Allerdings war ich sehr unzufrieden mit der Arbeit dieser Firma, sodass ich kurzerhand mit Bassball Recordings mein eigenes Label gegründet habe. Seitdem mache ich alles in Eigenregie, allerdings auch alle auf eigenes Risiko.

JOH: Lähmen das Risiko oder administrative Labelaufgaben nicht den kreativen Prozess?

HH: Nein, ich sehe das ganz entspannt Die Tatsachse, dass ich alle Fäden in der Hand halte, beflügelt mich in meiner kreativen Arbeit. Zudem mache ich alle Arbeiten zuhause. Und meinen Kindern beim Aufwachsen zuzuschauen, ist unglaublich inspirierend.

JOH: Ist ein eigenes Label denn finanziell von Vorteil?

HH: Ich kann davon leben. Reichtümer aber kann ich nicht anhäufen. Dafür ist ein eigenes Label unheimlich ganzheitlich (lacht).

JOH: Für „No Eats Yes” gab es einen „Echo” in der Sparte Jazz. Hat dieser „deutsche Grammy” denn nicht den Bekanntheitsgrad des Projekts „Hattler“ erhöht?

HH: Am ehesten noch bei Jazz-Freunden, die die Formation aber wohl auch schon vorher kannten. Im Radio jedenfalls wird „Hattler” nicht gespielt…

JOH: …was ja eigentlich eine Auszeichnung Deiner Musik ist.

HH: (lacht) So kann man das auch sehen. Allerdings ist natürlich das Medium Radio eine Möglichkeit, meine Musik bekannt zu machen und damit auch die Verkaufszahlen meiner CDs zu pushen. Davon lebe ich ja letztlich.

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JOH: Was zeichnet das aktuelle Hattler-Werk „Bass Cuts” aus?

HH: Ich habe auf „Bass Cuts” viele Melodien mit dem Bass gespielt. Eigentlich sollten die von anderen Solisten gespielt werden. Schließlich habe ich es aber so gelassen, weil es einfach gut klingt, dem Werk einen eigenen Charakter gibt. Ursprünglich allerdings wollte ich „Bass Cuts” gar nicht veröffentichen.

JOH: Dabei klingt „Bass Cuts” so, als hättest Du das Album mit viel Lust und Inspiration eingespielt.

HH: Das ist auch absolut richtig. Aber deswegen muss man etwas ja nicht auch zwangsläufig öffentlich machen. Mein Verleger hat mich schließlich überzeugt, es doch zu tun.

JOH: Gelegentlich überraschst Du auf den Hattler-Alben mit „indisch angehauchten” Stimmungen. Ein Song auf „Bass Cuts” heißt „Dehli“; auf „Mallberry Moon” gibt es den „Dehli Blues”. Bist Du jemals in Indien gewesen?

HH: Nein. Ich denke, dass ist auch nicht nötig, um entsprechende Assoziationsketten zu schaffen. Bass und elektrische Sitar ergeben einfach ein gutes Klangbild. Man muss ja auch Jimi Hendrix nicht live gesehen haben, um mit der elektrischen Gitarre aufregende Dinge machen zu können.

JOH: Wie trendy ist „Hattler”?

HH: Es gibt Hattler-Songs mittlerweile auf 40, 50 Compilations. Sieht also so aus, als würde ich den Nerv der Zeit ganz gut treffen, auch wenn das keineswegs Intension meiner Arbeit ist.

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JOH: Du gilst gemeinhin als Jazzer…

HH: Von meiner Kompositionsweise und meinen Arrangements her sehe ich mich selbst überhaupt nicht als Jazzer, wenn ich auch stark durch Jazz geprägt bin. Ich habe einfach sehr viel mit Musikern gearbeitet, die im Jazz zuhause sind.

JOH: Stichwort „Pop”…

HH: Ich wohne ziemlich abgelegen, und Pop in der Einöde ist nur peinlich. Pop funktioniert lediglich in der Stadt. So gesehen ist Pop kein Thema für mich. Und schon gar nicht, wenn es um den Formatradioverblödungspop geht. Einfach grauenhaft!

JOH: Stichwort „HipHop”…

HH: Damit kam ich anfangs überhaupt nicht klar. Mein ältester Sohn hat mich schließlich dahingebracht. Der hörte sehr viel HipHop, und irgendwann entdeckte ich den besonderen Reiz dieser Musik. Die Folge war das Projekt Tab Two.

JOH: Stichwort „Freejazz”…

HH: Ich erinnere mich an ein Freejazz-Konzert vor vielen, vielen Jahren mit Gunter Hampel und anderen. Das Publikum stand so dermaßen unter Spannung! Ich dachte, wenn die auf der Bühne jetzt nur zehn Sekunden 4/4-Takt spielen, knallen die Leute an die Decke. Aber die Musiker haben es nicht getan…

Interview, Fotos: Jens-Christian Schulze