Jung und dynamisch

„Jazzstadt“ Hannover – das Image verdankt die niedersächsische Landesmetropole nicht zuletzt den vielen außerordentlichen Jazz-Musikern, die hier zuhause sind bzw. von Hannover aus ihre Karrieren gestartet haben. Immer wieder finden Musiker zu neuen Bands zusammen. JazzScene stellt mit Colibri, Fette Hupe und Toke drei vor, die Perspektive haben.

Colibri

„New Start“ heißt das aktuelle Album des Ensembles um die studierte Sängerin Inna Vysotska. Und einen Neustart hat es bei Colibri seit der Gründung im September 2005 tatsächlich schon gegeben. Der Gitarrist Yorio da Costa, der sie bereits bei ihrem Diplomkonzert auf der Bühne unterstützte und eines ihrer musikalischen Vorbilder ist, gehört, genau wie Bassist Marc Figge, nicht mehr zur Besetzung. Mit dem neuen Bassisten Sebastian Hoffmann stießen gleichzeitig Pianist Christoph Busse und Schlagzeuger Oliver Struck hinzu und bilden nun gemeinsam mit Gitarrist Gunnar Hofmann und Inna Vystoska das aktuelle Stamm-Quintett von Colibri. Grund für und einhergehend mit der Veränderung der Besetzung ist die musikalische Entwicklung der Gruppe: weg vom traditionellen Brasil-Jazz, hin zu Eigenkompositionen mit stärkeren Funk- und Modern Jazz-Einflüssen, ohne dabei das Latin-Jazz-Fundament aufzugeben.

colibri_2008

Das Ensemble erweitert immer wieder gerne das musikalische Angebot. So arbeitete Colibri bei „New Start“ mit Nené Vásquez zusammen. Häufiger Gastmusiker ist auch der Bruder der Colibri-Sängerin, Victor Visotsky, der in musikalischen Dialogen als Duettpartner fungiert. Da alle Bandmitglieder zusätzlich in anderen Projekten beschäftigt sind, finden die Proben im Jazz Club eher unregelmäßig und zumeist nur kurz vor Konzerten statt. Ist das Repertoire einmal eingespielt, genügen den Musikern wenige Zusammenkünfte zur Vorbereitung. Trotz aller Professionalität sind natürlich auch Colibri vor den Auftritten nervös. Pianist Christoph Busse übt sich dann gern in Parodien von Jan Delay über Udo Lindenberg bis Helmut Kohl. „Alle lachen und dann gehen wir auf die Bühne, das ist super“, schwärmt Inna Vysotska.

Für die Zukunft haben sich die „Colibris“ durchaus ambitionierte Ziele gesetzt: Gamz oben auf der Liste steht das Montreaux Jazz-Festival, und auch die momentane Begeisterungswelle in Japan gegenüber europäischem Jazz würden sie gerne miterleben. Für die nächsten Auftritte muss die Band noch nicht so weit reisen: Beim „Random Play“ am 24.10. spielt das Colibri-Ensemble ohne Inna Vysotska im Jazz Club, wird dafür aber von ihrem Bruder Victor unterstützt. In voller Besetzung ist Colibri das nächste Mal am 23. Oktober in Hasbergen im „Riga“ zu sehen.

Fette Hupe

Der Ursprung liegt in der Schweiz, genauer gesagt in Luzern. Dort hat der Posaunist Jörn Marcussen-Wulff 2008 für ein Jahr studiert und ist auf das Lucerne Jazz Orchestra aufmerksam geworden. Hier spielen die besten jungen Jazzmusiker aus der Schweiz zusammen. Sie treten mindestens zehnmal im Jahr in einem Luzerner Club auf – immer mit einem neuen Programm.

NachdemJörn zwei Gigs mitgespielt und wieder zuhause dem Schlagzeuger Timo Warnecke begeistert von dem Projekt berichtet hatte, stand für die beiden hannoverschen Jazzmusiker schnell fest: „Sowas machen wir auch für Hannover“. Gesagt, getan. „Wir haben offene Türen eingerannt“, erzählt Jörn. Schnell waren 16 Mann zusammen, unter ihnen die Saxophonisten Claus Cordemann und Lars Stoermer, die Trompeter Daniel Zeinoun und Christoph van Hall, der Posaunist Andreas Barkhoff, der Pianist Eike Wulfmeier und der Bassist Michael Gudenkauf.

fette_hupe

Neu dazu gestoßen ist kürzlich noch der Gitarrist Klaus Spencker. Im Juni hat der 1. FC Fette Hupe Hannover – unter diesem Namen firmiert die neue Bigband – Premiere in der Marlene. Im November steht dann das dritte Konzert an. Im Rahmen der JazzWoche spielt der 1. FC Fette Hupe Hannover am 28.11. in der Faust’schen Warenannahme. Im ersten Teil serviert das Ensemble BigBandClassics von Thad Jones, Count Basie, Charles Mingus u.a. Für das zweite Set wurde der Jazzpianist und Komponist Stefan Schultze eingeladen. Er dirigiert seine eigenen Kompositionen. Für das Jahr 2010 plant die Bigband regelmäßige Konzerte. Man darf gespannt sein.

Toke

Mit Toke existiert seit 2006 eine Formation, die mit ihrem „NuJazz“ – so die Eigenbeschreibung – aufhorchen lässt. Julius Martinek (Piano), Johannes Keller (Bass), Georg Weisbrodt (Posaune), Nico Finke (Saxofon) und Julian Külpmann (Schlagzeug) verstehen es gekonnt, modernen Jazz mit Soul-, Funk- und Lounge-Elementen zu einem homogenen, groovenden Sound zu verweben, der Raum für vielerlei Emotionen lässt.

toke

Neuinterpretationen bekannter Standards finden sich dabei im Repertoire des Quintetts ebenso wieder wie Eigenkompositionen aus der Feder von Julius Martinek und Georg Weisbrodt. Jüngst haben Toke mit „Esther“ einen ersten Tonträger veröffentlicht. Auf ihrem Debüt-Werk zeigen sich die fünf jungen Musiker sehr spielfreudig und ausgereift. NuJazz, Lounge, GrooveJazz – welches Etikett man auch immer benutzen mag, um die Band zu beschreiben, zu allererst spielen Toke wundervolle Musik mit viel Gespür für besondere Stimmungen. Erlebenswert. Weitere Infos: www.tokemusic.de