LAG-Jubiläum präsentierte Spitzenjazz aus Niedersachsen

Hochrangige Konzert-Acts zum 25jährigen: JazziN-Preisträger und Internationales

Zu einem äußerst abwechslungsreichen Ohrenschmaus geriet das Jubiläumsfestival der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Jazz Niedersachsen am ersten November-Wochenende im Kulturzentrum Pavillon in Hannover. Meditative Ostinati im Kirchenschiff, erzeugt vom Duo “Songful”, fesselten das Auditorium gleichermaßen wie die Dialoge eines Bop-Oktetts mit zwei Live-Tänzern (“Jazz in Motion”), wie die rustikalen Rhythmen des Andy Mokrus Quartetts oder wie die elektronischen Klangfetzen des Quartetts “Bits and Pieces”. Genannte Acts repräsentierten das hohe Niveau der von niedersächsischen Künstlern entwickelten professionellen Jazzmusik. Als internationale Publikumsmagneten gesellten sich die “International Skoda All Star Band” und die legendäre Jazz-Rock-Band “Barbara Thompson’s Paraphernalia feat. Jon Hiseman” dazu.

Frank Wöste (Kirchenorgel) und Uwe Steinmetz (Sopransaxophon) füllten mal meditativ, mal bewegter das Klangrund der Apostelkirche aus.

Frank Wöste (Kirchenorgel) und Uwe Steinmetz
(Sopransaxophon) füllten mal meditativ, mal bewegter
das Klangrund der Apostelkirche aus.

Bemerkenswerte Kompositionskunst stellte das Andy Mokrus Quartett unter Beweis: von links Andy Mokrus, Peter Schwebs, Stephan Abel und Matthias Meusel.

Bemerkenswerte Kompositionskunst stellte das Andy
Mokrus Quartett unter Beweis: von links Andy Mokrus,
Peter Schwebs, Stephan Abel und Matthias Meusel.

Spannender und unterschiedlicher hätten die Auftritte kaum sein können. Standen beim Duo “Songful” mit Frank Wöste (Kirchenorgel) und Uwe Steinmetz (Sopransaxophon) das weiche Ineinandergehen der Instrumente und das Halten magischer Akkordstrukturen im Resonanzraum der Apostelkirche im Vordergrund, so war bei Jürgen Friedrichs in Köln gegründeter Formation “Bits and Pieces” eher akustischer Pointillismus angesagt, der erst nach längerer Spieldauer als hochgradiges Gesamtkunstwerk erkennbar war.

Waren im Andy Mokrus Quartett die Individualleistungen der vier Protagonisten Andy Mokrus (Klavier), Stephan Abel (Saxophon und Bassklarinette), Peter Schwebs (Kontrabass) und Matthias Meusel (Schlagzeug) gefragt, legte “Jazz In Motion” viel Wert auf das Kollektive und das Kommunizieren mit den beiden Breakdancern Prince Alegs und Hichem Cherif.

Das “Jazz Art Ensemble” 2005 brachte “Jazz In Motion” im Dialog zwischen boppiger Oktettmusik mit Breakdance. Hier die Bläser Ulli Orth, Lars Kuklinski und Johannes Schleiermacher, Vibraphonist Gunter Hampel sowie die Tänzer Prince Alegs und Hichem Cherif.

Das “Jazz Art Ensemble” 2005 brachte “Jazz In Motion” im
Dialog zwischen boppiger Oktettmusik mit Breakdance.
Hier die Bläser Ulli Orth, Lars Kuklinski und Johannes
Schleiermacher, Vibraphonist Gunter Hampel sowie
die Tänzer Prince Alegs und Hichem Cherif.

Kontrastreich verlief der Auftritt des Skoda Ensembles, in dem rund um Uli Beckerhoff (Trompete und Flügelhorn), Norma Winstone (Gesang), Gunnar Plümer (Kontrabass) und Bruno Castellucci (Schlagzeug) mal im Oktett, mal in kleinen feinen Bands in der Band gespielt wurde. Kraftvoll und rockig ging zum Abschluss des Wochenendes Barbara Thompsons Band zu Werke. Die Saxophonistin, die mit Hilfe eines neu entwickelten Medikamentes der Parkinson-Krankheit trotzt, spielte höchst vital kurze knackige sowie lange suitenartige Nummern.

Die niedersächsischen Beiträge waren allesamt etwas Besonderes: Drei von ihnen sind aktuelle Preisträger des Wettbewerbes “JazziN” (ehemals “Jazzpodium Niedersachsen”). Sie wurden – wie auch die (nicht beim Jubiläum aufspielende) Nord-West Big Band – durch Kulturminister Lutz Stratmann live ausgezeichnet. Der Vierte, “Jazz In Motion”, trat als diesjähriges “Jazz Art Ensemble” mit künstlerischem Leiter Gunter Hampel (Bassklarinette und Vibraphon) und Intendant Ulli Orth (Saxophon und Flöte) an. Im letzten Jahr hatte das “Jazz Art Ensemble” mit “Jazz Goes Praetorius” noch vollkommen anders geklungen.

Norbert Scholly, Gitarrist und “Laptopper” der Formation “Bits and Pieces”, die Kompositionen des Braunschweigers Jürgen Friedrich realisiert.

Norbert Scholly, Gitarrist und “Laptopper” der Formation
“Bits and Pieces”, die Kompositionen des Braunschweigers
Jürgen Friedrich realisiert.

Damit brachte die LAG die von ihr mit Hilfe erklecklicher Zuschüsse durch das Land Niedersachsen geförderten Profiensembles in edelstem Konzertrahmen auf die Bühne. Besonders erfreulich ist die Tatsache, dass mit Uwe Steinmetz, Frank Wöste, Peter Schwebs und Lars Kuklinski Künstler aufspielten, die jahrelang durch die Förderaktivitäten der LAG Jazz gegangen sind und sich nun als Profis verstehen.

Die LAG Jazz leistete in den frühen 80er Jahren erhebliche Pionierarbeit, als sie systematisch Jazz-Ausbildungsprogramme für alle Niveaustufen aus der Taufe hob, noch bevor es an Deutschlands Musikhochschulen Studiengänge für Jazz oder Popularmusik gab und die niedersächsischen Musikschulen Popularabteilungen einrichteten. Mit der 1989 vollzogenen Anschaffung eines laderaumstarken Transporters konnte das Programm “Musikmobil” starten, das heute “Jazzmobil” heißt, und nicht mehr nur die Lehrer, sondern auch vielerlei Instrumente in die Regionen schickt.

Fröhliche Jazzmusiker aus Niedersachsen bei der Preisverleihung zum Wettbewerb “JazziN”: von links Stephan Abel, Frank Wöste, Uwe Steinmetz, Peter Schwebs, Matthias Meusel, Philipp Pumplün, Andy Mokrus, LAG-Vizechef Otto Jansen (halb verdeckt), Moderator Johannes Klose und LAG-Vorsitzender Kurt Klose. Alle Fotos: Jan Krause

Fröhliche Jazzmusiker aus Niedersachsen bei der
Preisverleihung zum Wettbewerb “JazziN”: von links
Stephan Abel, Frank Wöste, Uwe Steinmetz, Peter Schwebs,
Matthias Meusel, Philipp Pumplün, Andy Mokrus,
LAG-Vizechef Otto Jansen (halb verdeckt), Moderator
Johannes Klose und LAG-Vorsitzender Kurt Klose.
Alle Fotos: Jan Krause

Für das professionelle Jazzmusik-Schaffen erfolgte mit Unterstützung des Landesmusikrates und des Kulturministeriums 1985 der Startschuss für das Konzertförderprogramm “Jazzpodium Niedersachsen”, das jedes Jahr auf der Entscheidungsgrundlage einer unabhängigen und anonym arbeitenden Jury die gesamte stilistische Bandbreite mittels einer Handvoll ausgewählter Bands auf die Bühnen engagierter Veranstalter brachte. Für das Jahr 2005 reformierte die LAG das Programm in “JazziN”.

Ferner betreibt die LAG seit 1989 in Kooperation mit dem Landesmusikrat und einem wechselnden lokalen Ausrichter den niedersächsischen Landeswettbewerb “Jugend jazzt”. Ihn gab es bisher sieben Mal im Rahmen eines Jazztreffs mit konzertantem Rahmenprogramm, Jam Sessions und pädagogischem Begleitprogramm.

Weitere Informationen zur LAG Jazz